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Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum Systematische Provenienzforschung der Bestände im Bereich Kunstsammlungen

Systematische Provenienzforschung der Bestände im Bereich Kunstsammlungen

Das 1859 gegründete Freie Deutsche Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum war in den Jahren zwischen 1933 und 1945 nach den Goethe-Stätten und Sammlungseinrichtungen in Weimar die zweite zentrale museale Einrichtung zum Leben Johann Wolfgang von Goethes mit Forschungs- und Sammlungsauftrag.

Das langfristige Forschungsprojekt zielt darauf ab, wissenschaftlich fundiert und systematisch zu überprüfen, in welchem Umfang sich in den Kunstsammlungen (Gemälde, Grafik, Kleinplastiken etc.) des Freien Deutschen Hochstifts / Frankfurter Goethe-Museums Objekte befinden, deren Erwerb in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft von 1933 bis 1945 nachweislich oder zunächst auch nur vermutlich unter rechtlich und/oder moralisch-ethisch zweifelhaften Umständen erfolgte.

Dabei werden die im besagten Zeitraum erworbenen Sammlungsbestände erstmals systematisch überprüft (soweit möglich auch Nachkriegserwerbungen, für die sich Verdachtsmomente ergeben haben) und im Hinblick auf mögliche Restitutionsfälle bewertet. Bei der Überprüfung der 62 Gemälde, die zwischen 1933 und 1945 erworben wurden, hilft der Bestandskatalog des Goethe-Museums aus dem Jahr 2011, der bereits zahlreiche Provenienzangaben enthält. Da im Spätsommer 2021 das Deutsche Romantik-Museum am Großen Hirschgraben eröffnet wird, hilft die Provenienzrecherche dabei, sicherzustellen, dass die öffentlich gezeigten Objekte der Kunstsammlungen unbelastet sind.

Projektlaufzeit:
01.01.2019 - 30.09.2021

Finanziert vom:
Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (www.kulturgutverluste.de)

Projektleiter: Dr. Joachim Seng
Projektbearbeiterin: Dr. Anja Heuß

[ 252 Objekte ]

Einer den andern gemalt

Das Doppelporträt wurde, wie die Signatur angibt, von den Brüdern Tischbein gemeinsam ausgeführt. Der jüngere Heinrich Jacob malte dabei den links stehenden, älteren Johann Heinrich Wilhelm, und dieser entsprechend den jüngeren Bruder, rechts auf einem Stuhl sitzend. Diese Zuordnung wird durch ein Bildnis Heinrich Jacobs bestätigt, das ebenfalls von Johann Heinrich Wilhelm stammt (sign., um 1783, Privatbesitz; Kat. Schweinfurt 2003, S. 197, Nr. 152). Dieser schilderte später, in seinen Lebenserinnerungen die Entstehung des Gemäldes, wobei er weitere Elemente der Komposition benennt (Tischbein 1861, Bd. 1, S. 218). Auf der Staffelei steht demnach die unvollendete Komposition "Diogenes, wie er mit einer Laterne am hellen Tage im Gewühle Menschen sucht", und an der Wand hängen, von rechts nach links, die Porträts Salomon Gessner, Johann Caspar Lavater und Johann Jacob Bodmer (vgl. das Bodmer-Porträt von J.H.W. Tischbein, 1781/82; Kunsthaus Zürich). Die Bildnisreihe repräsentiert Tischbeins Zürcher Freundeskreis, durch den er bei seinem Aufenthalt 1781 wichtige Impulse empfangen hatte, und der laternenleuchtende Diogenes wurde als Verweis auf Wahrheit, Vernunft und Gelehrsamkeit, ja als Sinnträger der "Erleuchtung" im Zeitalter der Aufklärung interpretiert (Driever 2001). Das Doppelbildnis gewinnt eine prägnante Aussage nicht zuletzt durch die Vermischung verschiedener Untergattungen des Porträts, es ist Selbstbildnis, Familien- und Freundschaftsbild, Atelieransicht und private Historie zugleich. (Gerhard Kölsch) Werkverzeichnis: Landsberger 43

Die Heygendorffschen Kinder

Zwei spielende Kinder vor dem Hintergrund eines Parks. Ein älteres, weiß gekleidetes Kind zieht ein Kleinkind in einem Korbwagen hinter sich her. Die Figuren fein ausgemalt, Landschaft und Vegetation hingegen in Art einer Ölskizze. Das Porträt der illegitimen Fürstenkinder paraphrasiert das verbreitete Bildschema von Herrscherporträts, in deren Hintergrund der Sitz des Fürsten erscheint, ersetzt das offizielle Residenzgebäude jedoch durch einen gleichsam privaten Wohnsitz. Dergestalt wird die Herkunft der Knaben auf subtile Weise angedeutet, ihr natürliches, kindliches Wesen aber in den Vordergrund gestellt (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 119)

Marie Ernestine Voss, geb. Boie

Das Brustbild von Marie Ernestine Voss geb. Boie (1756–1834) entstand nach dem Bericht von Tischbeins Tochter Caroline Wilken im Jahr 1810 bei einem Aufenthalt des Künstlers in Heidelberg (Stoll 1923, S. 161f.), wo Ernestine Voss seit 1805 mit ihrem Gatten (vgl. IV-01623) lebte. Nach der Schilderung Carolines brauchte es »alle Künste des Verschönerungssystems, welches der Vater so gut innehatte«, um dem wenig ansprechenden Äußeren der »ehrwürdigen Ernestine« eine »poetische Seite« abzugewinnen (Stoll 1923, S. 162). So wirken die Züge der Dargestellten veredelt und zeitlos [...]. Ernestine Voss ist in einen braunen Umhang gehüllt, der als Schleier ihren Kopf bedeckt und nur im Halsausschnitt den weißen gefältelten Kragen der Alltagskleidung sehen lässt. Damit knüpft Tischbein an die Ikonographie der Vestalin an, der jungfräulichen römischen Priesterin der Vesta, die als Hüterin des heiligen Feuers die Göttin von Heim und Herd war. Das Rollenbild der Vestalin fand im 18. Jh. Eingang in die Porträtmalerei; davon beeinflusst ist auch Johann Heinrich Wilhelm Tischbeins Bildnis der Lady Hamilton mit einem braunen, über den Kopf gezogenen Schleier (um 1788; Klassik Stiftung Weimar). Ernestine Voss war die jüngste Tochter des Pfarrers Johann Friedrich Boie aus Meldorf (Holstein) und die Schwester des Dichters Heinrich Christian Boie. Ernestine lernte Voss als einen Freund ihres Bruders 1774 kennen und ging im Sommer 1777 die Ehe mit ihm ein. Die Mutter von fünf Kindern unterstützte die Arbeit ihres Mannes, führte aber auch eine umfangreiche eigene Korrespondenz, u. a. mit Gleim, Jean Paul und Charlotte von Schiller. Sie verfasste Gelegenheitsgedichte und Essays, die jedoch zu Lebzeiten nicht gedruckt wurden. In ihren Briefen gab sie lebendige Schilderungen der Begegnungen mit Goethe und schrieb auch ein Gedicht »An Goethe«. (nach: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 306) Werkverzeichnis: Franke 477

Johann Heinrich Voss der Ältere

Die Brustbild von Johann Heinrich Voss dem Älteren (1751–1826) entstand nach dem Bericht von Tischbeins Tochter Caroline Wilken im Jahr 1810 bei einem Aufenthalt des Künstlers in Heidelberg (Stoll 1923, S. 161f.), wo Voss mit seiner Gattin Ernestine (vgl. IV-01624) seit 1805 lebte. Das idyllische Epos »Luise« (1783/84) von Voss gehörte zu Tischbeins Lieblingslektüre. Nach der Schilderung Carolines brauchte es »alle Künste des Verschönerungssystems, welches der Vater so gut innehatte«, um dem wenig ansprechenden Äußeren des Dichters eine poetische Seite« abzugewinnen (Stoll 1923, S. 162). [...] So wirken die Züge des Dargestellten veredelt und zeitlos, wozu die antikisierende Drapierung nicht unerheblich beiträgt. Ähnlich wie Schiller (vgl. IV-01145) wird Voss mit einer karminroten Toga ausstaffiert, unter der die olivfarbene Tunika zum Vorschein kommt. Mit dieser Annäherung an das Bild eines antiken Dichters oder Philosophen wird er als der Verfechter der Klassik herausgestellt, dessen Homer-Übertragung Epoche machte. (nach: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 306) Werkverzeichnis: Franke 478

Karoline Marezoll geb. Meyenberg

Das halbfigurige Altersbildnis des Karoline Marezoll wird durch die ähnliche Kleidung und die betont ruhige Gestik unmittelbar auf das Bildnis ihres Mannes bezogen. Karoline Marezoll trägt ein hochgeschlossenes dunkelblaues Samtkleid mit breitem mittelbraunem Pelzbesatz, und über der sorgsam festgesteckten Frisur, die mit großen Locken die Stirn umgibt, ein Häubchen aus zarter transparenter Spitze, dessen lange Bänder unter dem Kinn in einer großen Schleife enden. (nach: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 281) Werkverzeichnis: Kovalevski (2006) G 92

Johann Gottlob Marezoll

Das halbfigurige Altersbildnis des Johann Gottlieb Marezoll wird durch die ähnliche Kleidung und die betont ruhige Gestik unmittelbar auf das Bildnis seiner Frau bezogen. Marezoll erscheint nicht in Amtstracht, sondern in einem dunklen, pelzverbrämten Hausmantel und in einem weißen Hemd mit Halstuch; nur das Bücherregal im Hintergrund weist ihn als Gelehrten aus. (nach: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 281) Werkverzeichnis: Kovalevski (2006) G 93

Räuber- und Zigeunerlager in klassischer Ruine

In einer offenen Ruinenarchitektur, die durch geborstene Halbsäulen und eine kopflose Statue als Überbleibsel aus klassischer Zeit charakterisiert wird, haben zwei Zigeunerinnen eine Herdstatt improvisiert, eine dritte steckt ein Huhn auf den Bratspieß. Mittig im Vordergrund inspiziert ein Räuber im abgerissenen grünen Rock eine Schatztruhe mit allerlei Silbergeschirr, ein Zigeunerjunge sitzt neugierig dabei. Rechts daneben hält eine Zigeunermutter ein neugeborenes Kind zum Säugen auf dem Schoß, nicht ohne tief in einen geleerten Krug zu blicken, und direkt neben ihr laust die Großmutter ein etwas größeres Kind. Zwischen beiden Gruppen steht der Räuberhauptmann in rotem Rock und blauer Weste und überblickt das Geschehen mit selbstbewusster Miene. Hinter den beiden Frauen spielt ein Fiedler auf, und zwei Zigeunerknaben tanzen zu seiner Melodie. Rechts außen versucht schließlich ein offenbar betrunkener Mann, eine Zigeunerin mit Kleinkind an sich zu ziehen. (nach: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 273) Werkverzeichnis: Emmerling 154

Fischende Knaben

Die "Fischenden Knaben" galten bislang als eigenhändiges Werk von -] Johann Conrad Seekatz. Die Darstellung steht durch ihr Thema und die Ausgestaltung, aber auch durch den skizzenhaften Duktus verschiedenen Kinderszenen von Seekatz zwar ausgesprochen nahe, die insgesamt schwächere Qualität der Malerei, das stark rottonige Kolorit und die eigentümlich gebildeten Gesichtern mit spitzer Nase unterscheiden sich jedoch deutlich von den Werken des Darmstädter Malers. Es handelt sich vielmehr um eine Arbeit seines Neffen Philipp Christian Seekatz, der ab 1794 zeitweise in Darmstadt lebte und Werke seines verstorbenen Onkels kopierte und nachahmt. (nach: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 279) Werkverzeichnis: Emmerling 221

Dido erhält Gastgeschenke des Aeneas

Das Gemälde sowie sein Gegenstück galten bislang als eigenhändige Werke von Seekatz. Beide basieren auf zwei eigenhändigen, fast gleichgroßen Darstellungen zur Geschichte der Dido, die wahrscheinlich zu Beginn von Seekatz' letzter Werkphase, also um 1765 zu datieren sind. Die trockene, in vielen Details auch wenig geschickte Malweise der Frankfurter Gemälde zeigt jedoch, dass diese als Kopien eines unbekannten Künstlers nach Seekatz anzusehen sind. Die etwas glatte Gesamtwirkung deutet dabei eine wohl spätere Entstehung, vielleicht gegen Ende des 18. Jahrhunderts an. (nach: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 278) Werkverzeichnis: Emmerling 101

Ein Knabe und ein Mädchen mit Vogelbauer

Die Kinderszene zeigt ein Mädchen mit einem Vogelbauer, aus dessen geöffneter Tür eine Taube entflieht. Eine weitere läuft bereits am Boden, und zwei der Vögel fliegen in den Himmel. Ein Knabe ist herbeigeeilt und versucht, die Vögel zu erhaschen. Im Hintergrund links bereiten zwei weitere Knaben einen Drachen zum Steigen vor, und rechts ist der Ausblick in eine weite Landschaft mit einer Windmühle wiedergegeben. Die bewegt aufgefasste Szene entspricht in der Thematik, der Auffassung, dem gebundenen Kolorit und der lockeren Malweise verschiedenen kleinformatigen Kinderszenen von Seekatz, die zu Beginn der mittleren Schaffensperiode des Malers, also um 1758/60 datieren (u. a. »Kinder am Brunnen«, Hessisches Landesmuseum Darmstadt; Emmerling 1991, Nr. 209, die Datierung nach Ludwig 1997, S. 203–205). Das Gemälde im FDH wird etwa im gleichen Zeitraum entstanden sein. Die Szene ist möglicherweise moralisierend zu verstehen, wobei die aus Leichtsinn entflohenen Vögel als Symbol der verlorenen Unschuld zu deuten wären. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 262-264) Werkverzeichnis: Emmerling 233 Erworben 1951 von Dr. Waldemar Fellmann, Windsbach (Mittelfranken).

Dido empfängt Aeneas

Das Gemälde sowie sein Gegenstück galten bislang als eigenhändige Werke von Seekatz. Beide basieren auf zwei eigenhändigen, fast gleichgroßen Darstellungen zur Geschichte der Dido, die wahrscheinlich zu Beginn von Seekatz' letzter Werkphase, also um 1765 zu datieren sind. Die trockene, in vielen Details auch wenig geschickte Malweise der Frankfurter Gemälde zeigt jedoch, dass diese als Kopien eines unbekannten Künstlers nach Seekatz anzusehen sind. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 278) Illustrierte Textstelle: Vergil: Aeneis, Buch 4, 54-172 Werkverzeichnis: Emmerling 99

Waldlandschaft (Gegend um den Stralenberger Hof bei Frankfurt am Main)

Das mit hoher Präzision auf einer Kupfertafel ausgeführte und mit kleinen Figuren staffierte Gemälde stellt eine dichte, vom Wind bewegte Waldlandschaft bei gewittriger Stimmung dar. Links am Bildrand erkennt man entfernte Gebäude, darüber die Turmhaube des Frankfurter Bartholomäusdomes und einen Taunusgipfel. Mit seiner dichten und etwas düsteren Waldllandschaft greift Schütz die Spezialgattung der "gesperrten" Landschaft auf, die sich in der flämischen Malerei um 1600 herausgebildet hatte [...]. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 255) Erworben 1936 von Pankratius Schulz, Wiesbaden.

Caroline Prinzessin von Sachsen-Weimar-Eisenach, spätere Erbgroßherzogin von...

Das Brustbild auf neutralem Grund erfasst Caroline Louise Prinzessin von Sachsen- Weimar-Eisenach, spätere Erbprinzessin und Erbgroßherzogin von Mecklenburg-Schwerin (1786–1816) fast en face, mit einer leichten Neigung des Kopfes nach rechts. Das rötliche Empirekleid mit den Puffärmeln und dem weiten, von einer hellen Rüsche gesäumten Ausschnitt lässt die Halspartie frei, über die eine schlichte Perlenschnur fällt. Die feinen Züge mit den dunklen Augen und dem in unbestimmte Ferne gerichteten Blick wirken sensibel und scheinen eine kränkliche Konstitution anzudeuten. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 229)

Georg Friedrich Creuzer

Das Brustbild im Viertelprofil gibt den Altphilologen Georg Friedrich Creuzer (1771–1858) im sachlichen Stil des Biedermeiers wieder, in einem grauen, doppelreihig geknöpften Frack mit Weste und einem weißen Hemd mit schlichter Halsbinde, das dunkelblonde Haar in kurzen, natürlichen Locken. Die etwas unregelmäßigen Züge und der skeptisch prüfende Blick beweisen die Begabung des Künstlers für eine charakteristische, lebensvolle Ausformung der Physiognomie. Die delikaten Grautöne vor dem ebenfalls grauen Hintergrund verleihen dem Bildnis des Gelehrten einen geschlossenen, dezenten Charakter. Es wurde ursprünglich dem Sohn Carl Roux zugeschrieben und um 1840 datiert (Michaelis 1982), doch dagegen sprechen eindeutig das Aussehen Creuzers, der off ensichtlich in der Lebensmitte steht, und die Mode; außerdem wäre der Maler damals noch sehr jung gewesen. Duktus und Porträtstil sprechen eindeutig für den Vater Jacob Wilhelm Christian Roux, der nach seiner Übersiedelung nach Heidelberg im Jahr 1819 eine ganze Reihe von Gelehrtenbildnissen in Pastell anfertigte (Zuschreibung bestätigt durch Patrick Heinstein). (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 230) Steht in Bezug zu: Lithografie von Joseph Nicolaus Peroux (1771-1858), um 1820 (FDH, III-01094; Rave 1949, S. 238)

Gretchen findet den Schmuck

Das Motiv »Gretchen findet den Schmuck« wird von den Faust-Illustratoren bis heute häufig aufgegriff en. Franz Riepenhausen fasst die Szene mit der Bühnenanweisung »Abend. Ein kleines reinliches Zimmer «in ein betont schlichtes Bild, um das Gefühl »der Stille, der Ordnung, der Zufriedenheit« (V. 2691f.) widerzuspiegeln. Analog zum Text werden im Hintergrund Bett und Sessel angedeutet, während vorne links der von einem gewirkten Tuch bedeckte Tisch und darüber ein Spiegel zu sehen sind. Riepenhausen verzichtet auf die altdeutsche Inszenierung, die in den Faust-Zeichnungen der Brüder dominiert, und setzt stattdessen sparsamste Mittel ein, um das Ambiente zu schildern. Die Aufmerksamkeit gilt der zeitlosen, anmutigen Gestalt Margaretes, die sich in einem einfachen weißen Kleid mit rotem Mieder neugierig dem Tisch nähert und das Kästchen mit dem Schmuck öff net, das Faust und Mephisto hinterlassen haben: »Wie kommt das schöne Kästchen hier herein? […] Ich denke wohl ich mach’ es auf!« (V. 2783, 2789). (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 228)

Wilhelm Meister und Mignon

Aus Goethes Roman »Wilhelm Meisters Lehrjahre« (1795/96) greift Retzsch eine Schlüsselszene heraus: Mignon singt für Wilhelm das Lied »Kennst du das Land, wo die Citronen blühn« (III, 1; WA I, 21, S. 233ff .). In einer dämmrigen Stube kauert Mignon am Boden und lehnt sich in sehnsüchtiger Hingabe an Wilhelm, der mit übereinandergeschlagenen Beinen hinter ihr sitzt und aufmerksam lauscht. Statt der Zither, die Goethe im Text nennt, hält Mignon[NZ]eine Mandoline im Arm. Mit diesem Wechsel des Instruments schließt er sich an die Mignon-Darstellungen von Johann Gottfried Schadow (Marianne Schlegel als Mignon, Kreidezeichnung, 1802; Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett) und Wilhelm von Schadow (Mignon, zwei Ölgemälde von 1828; Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg sowie Museum der Bildenden Künste Leipzig) an. Reich nuancierte Brauntöne tauchen die Szene in ein stimmungsvolles Halbdunkel; das Interieur bleibt schemenhaft, nur Mignon und das Gesicht Wilhelm Meisters werden durch die Lichtführung hervorgehoben. So versucht Retzsch , die tiefe emotionale Beziehung zwischen den beiden Figuren auszuloten und in eine »romantisch eindringliche Bildformel« (Vogel 2008) zu fassen. Analog zum Text zeigt er Mignon in kindhaft uneindeutiger Gestalt und in Knabenkleidern: »Sie brachte graues Tuch und erklärte nach ihrer Art, daß sie ein neues Westchen und Schiff erhosen, wie solche an den Knaben in der Stadt gesehen, mit blauen Aufschlägen und Bändern haben wollte« (II, 9; WA I, 21, S. 185). (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 226-227) Illustrierte Textstelle: Wilhelm Meisters Lehrjahre, 3. Buch, 1. Kapitel

Ernestine Voss, geb. Boie

Ein biedermeierliches Interieur umgibt Marie Ernestine Voss, die in schwarzer Witwentracht und weißer Haube im Lehnstuhl neben einem Bogenfenster sitzt, in sich gekehrt und die Hände im Schoß gefaltet. Unter dem Fenster, das den Blick auf eine gleichermaßen klassisch und heimatlich anmutende Landschaft freigibt, steht ein Tisch mit der Büste ihres 1826 verstorbenen Gatten Johann Heinrich Voss dem Älteren, die wie ein Andachtsbild mit einem Blumenstrauß geschmückt ist. Rechts deuten ein Spinnrad und ein Bücherbord auf die häusliche und die geistige Betätigung der Dargestellten hin. Werkverzeichnis: Kovalevski (2015) G 177

Friedrich Ferdinand Constantin Prinz von Sachsen-Weimar-Eisenach

Das als Hüftbild aufgefasste Porträt zeigt den Prinzen in einem dunkelgrünen Gehrock mit dunkelbrauner Weste. Der Oberkörper ist leicht nach rechts gedreht, der Blick dem Betrachter zugewandt. Er trägt den Sachsen-Weimarer Hausorden vom Weißen Falken, am roten Halsband als Großkreuz (Kleinod). Die rechte Hand ist auf ein in Leder gebundenes Buch im Quarto-Format gestützt, mit dem Zeigefinger markiert er eine Seite in dem Buch. Das Gemälde bildete einst das Pendant zu dem Porträt des Erbprinzen Carl-August von Sachsen-Weimar-Eisenach, das Gies 1933 im Auftrag des FDH fertigte (1943 im Kriegsmuseum, 1944 Kriegsverlust). Als Vorlgae diente Gies erneut das Porträt des Erprinzen von Heinsius (vgl. IV-01599).

Constantin Prinz von Sachsen-Weimar-Eisenach

Carl Augusts jüngerer Bruder Friedrich Ferdinand Constantin (1758–1793), der erst nach dem Tod des Vaters Ernst August II. Constantin von Sachsen-Weimar-Eisenach (1737–1758) zur Welt kam, wird in analoger Auffassung dargestellt. [...]. Bekleidet ist er mit einem blaugrauen Samtrock mit großen Silberknöpfen, einer gleichartigen Weste und Spitzenjabot. Die weiß gepuderte Beutelperücke mit hoher Rolle in der Stirn und zwei seitlichen Lockenreihen ist im Nacken mit einer schwarzen Schleife gebunden, deren langes Band um den Hals läuft und vorne eine weitere kleine Schleife, die sog. Solitaire, bildet. An einem roten, goldgeränderten Halsband erkennt man das Kreuz des sachsen-weimarischen Hausordens vom Weißen Falken. Die mit der linken Hand gehaltene Zeichenmappe sowie ein Kasten mit Zeichenstiften und losen Blättern verleihen dem Porträt eine private Note und stellen das musische Betätigungsfeld des Prinzen heraus, der als Zweitgeborener nicht an der Macht teilhat. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog 2011, S. 101) Werkverzeichnis: Schrader 216b Dauch-Schroeder 83?

Carl August Erbprinz von Sachsen-Weimar-Eisenach

Carl August (1757-1828), der erstgeborene Sohn von Anna Amalia und Ernst August II. Constantin von Sachsen-Weimar-Eisenach, wird in halber Figur fast en face, mit leichter Drehung nach links porträtiert. Der Prinz trägt den sachsen-weimarer Hausorden vom Weißen Falken, am roten Halsband als Großkreuz (Kleinod). Auf der Brust der Stern des polnischen (sächsischen) Weissen Adlerordens. Das Knabenbild steht in der Tradition des französisch beeinflussten Fürstenporträts und verweist in seinem Habitus auf die Rolle des künftigen Herrschers. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 99-100) Werkverzeichnis: Schrader 215a Werkverzeichnis: Dauch-Schroeder 85 (?) Das Gemälde diente einst als Vorlage für eine Kopie, die Gies 1933 im Auftrag des FDH fertigte (Öl auf Leinwand, 81,5 x 67,5 cm; 1943 im Kriegsmuseum, 1944 Kriegsverlust, Inv. Nr. A IV-01607).

Georg Heinrich Ludwig Nicolovius

"Vor einem Schreibsekretär mit Briefen und Papieren wendet sich Nicolovius, seine Lektüre unterbrechend, dem Betrachter zu. Hinter ihm öffnet sich ein Fenster auf den Französischen Dom am Berliner Gendarmenmarkt. Auffallend ist der üppige Pflanzenschmuck des Interieurs, der die Dekoration durch Kunstwerke ergänzt. Am linken Bildrand wachsen über einer blühenden Hortensie Ranken empor, die gleich einem Lorbeerkranz die ins Profil gedrehte Büste von Friedrich Heinrich Jacobi umschlingen. Das Christusbild über dem Sekretär stammt von Louise Henry selbst, die 1830 auf der Berliner Akademieausstellung einen "Christus, nach Tizian" präsentierte, eine Kopie des Tizian- Gemäldes im Palazzo Pitti in Florenz [...]. Das von zwei Blumensträußen gerahmte Bild im Bild verweist auf die theologischen Interessen von Nicolovius und mutet wie ein liebevoll geschmückter Altar an. Darunter steht ein Gipsabguß von Rauchs "Käuzchen auf Jünglingskopf" (nach: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 109)

Der Hafen von Santa Lucia in Neapel

Der Vesuvkegel und der Monte Somma zeichnen sich vor einem klaren blauen Himmel ab; mildes Abendlicht fällt auf den Leutturm an der Mole und auf die glitzernde Wasserfläche mit den Fischerbooten und Segelschiffen. Rechts ist ein Handelsschiff mit englischer Flagge, dahinter eine Schebecke mit der Flagge der Bourbonen zu erkennen [...]. Um das Bild malerisch abzurunden, staffiert Hackert den Vordergrund mit Fischern bei ihren Booten, Hafenarbeitern und Frauen in farbenfroher neapolitanischer Tracht. Stets folgt er der Intention, mit seinen Staffagefiguren das Gefühl des Betrachters anzusprechen. Hier versucht er, einen so pittoresken wie authentischen Eindruck vom Leben im Hafen zu erwecken, wobei ihm vor allem die volkstümliche Gruppe, die sich vorne bei einem Paste-Gericht niedergelassen hat, glückt. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 86) Werkverzeichnis: Nordhoff/Reimer 65

Johann Georg Sulzer

Das schmucklose Bildnis in strenger Profilansicht, das einen glatten, trockenen Duktus aufweist, gilt als alte Kopie nach Graff […]. Als möglicher Künstler wurde Heinrich Rieter erwogen, der in den 1770er Jahren ein Schüler Graffs war […]. (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 82) Werkverzeichnis: Berckenhagen, bei 1352

Friedrich Wilhelm Heinrich von Trebra

Das halbfigurige Porträt steht raumfüllend vor einer gebirgigen Landschaft. Trebra tritt in der Uniform eines sächsischen Berghauptmanns auf, im schwarzen Rock mit rotem Kragen und reichen, goldenen Posamenten. Eine äußerst lebensvoll wirkende Kopfstudie in Kreide (s. o.) bereitet die prägnanten, fast en face dem Betrachter zugewandten Züge vor. Die künstlerische Qualität des Gemäldes wurde erst nach einer 2009 vorgenommenen Restaurierung wieder sichtbar. Die plastische Modellierung der Gesichtszüge und der in Partien wie der Kleidung schnell und "alla prima" gesetzte, quasi impressionistisch wirkende Farbauftrag sind charakteristisch für späte Werke des Künstlers, der in seinen letzten Jahren unter vermindeter Sehkraft litt (Mitteilung von Helmut Börsch-Supan, Autopsie am 27. August 2007) (Quelle: Maisak/Kölsch: Gemäldekatalog (2011), S. 80-81) Werkverzeichnis: Berckenhagen 1381

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